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Personale Begegnung trotz Corona – Ansätze der Existenziellen Pädagogik

04.05.2021
von Dominik Buchmeier
ArtikelNews
Existenzielle Pädagogik
Lehrer*innengesundheit
Distance-Learning

Zurzeit arbeiten wir Pädagog*innen unter erschwerten Bedingungen: Die Corona-Maßnahmen machen vor der Schule nicht Halt und gerade dort merken alle Beteiligten, wie stark die (Kontakt-) Regelungen auf unseren Alltag Einfluss nehmen. Diese Regelungen haben sich oftmals sehr rasch verändert und wurden meist ohne entsprechende Vorbereitungszeit verordnet.

Nach wie vor kommen „Distance-Learning“, Hybrid- sowie Präsenzunterricht parallel zum Einsatz oder wechseln einander ab. Somit sind die Möglichkeiten der Lehrpersonen, mit den Schüler*innen in Kontakt zu kommen, sowohl eingeschränkt als auch einem ständigen Wandel unterworfen. Außerdem bringen die neuen Unterrichtsformen auch viele neue Herausforderungen mit sich. All dies hat nicht nur Auswirkungen auf die sozialen Kontakte, sondern auch auf die Gestaltung des Unterrichts und die Erfüllung der durch Lehrpläne geforderten Ziele. Dazu kommt noch, dass neben den Schüler*innen auch wir Pädagog*innen selbst direkt betroffen sind von der Pandemie, mit all ihren Auswirkungen im beruflichen wie im privaten Bereich.

Aus existenzieller Sicht werden wir als Lehrpersonen in unserer Situation stark vom Leben „angefragt“ und wir sind somit gefordert, darauf zu antworten.

Die Welt erreicht uns heftig mit all den geschilderten Herausforderungen und wir merken, wie sie uns berührt. Ganz individuell entstehen Ängste, Niedergeschlagenheit, Erschöpfung, Ärger, Wut, Resignation oder Verzweiflung und die Liste ließe sich gewiss noch erweitern. Die große Herausforderung besteht darin, nicht aus diesen Gefühlszuständen heraus spontan zu reagieren, sondern mit Entschiedenheit zu handeln. Dafür brauchen wir die Fähigkeit zur Selbstdistanzierung, die wir auf ganz unterschiedliche Weise erlangen bzw. erhalten: einmal tief durchatmen, ein gutes Gespräch suchen, einen Waldspaziergang machen, Achtsamkeit leben, Supervision nehmen, eine Psychotherapie beginnen, usw. Es scheint paradox, aber durch diese erste Distanznahme finden wir häufig wieder zu uns selbst und somit zu entschiedenem Handeln. Wir geben unsere persönliche Antwort auf die Anfragen von außen und somit übernehmen wir Verantwortung gegenüber der Welt und auch gegenüber uns selbst.

Was hat das mit Existenzieller Pädagogik zu tun?

Die Existenzielle Pädagogik ist eine Pädagogik, die sich „an der Person“ orientiert. Das bedeutet, dass sie nicht nur das Kind sondern auch die/den Pädagogin/en in den Blick nimmt. Insofern ist die psychosoziale Gesundheitsförderung von Lehrpersonen integraler Bestandteil der Existenziellen Pädagogik, weil der Blick auf die Situation der/des Lehrenden, ihre/seine Emotionen, Werte, Überzeugungen und Ziele wesentliche Auswirkungen auf das entschiedene pädagogische Handeln hat. Genauso wie wir Pädagog*innen uns in der oben skizzierten „existenziellen Situation“ vorfinden, werden auch die Schüler*innen von ihrer Welt „angefragt“ und sie sind gefordert, mit Entschiedenheit Antwort zu geben. Das Geben von entschiedenen, mit sich selbst in Übereinstimmung gebrachten Antworten stellt den Weg zur erfüllenden Existenz dar, das übergeordnete Ziel Existenzieller Pädagogik.

Sie beschäftigt sich konkret mit den dafür erforderlichen Bedingungen („Grundmotivationen“), die in Erziehungs- und Unterrichtssituationen sowie in der Psychotherapierichtung der Existenzanalyse eine große Rolle spielen und somit umfassend beforscht und tiefgreifend bearbeitet werden. Große Bedeutung hat die Einnahme der so genannten „Antworthaltung“, die der althergebrachten „Anspruchshaltung“ entgegensteht. Ebenso behandelt werden spezielle Themen wie der Sinn von Erziehungsmitteln (Lob, Bestrafung, ...), Fehlformen der Erziehung (Verwöhnung, Vernachlässigung, ...) oder herausfordernde Erziehungssituationen. Getreu dem Grundsatz „Erziehen ist Verstehen“ wird aufgezeigt, warum es auch Grenzen braucht und wie sich Erziehungsstile von „Laissez-faire“ bis „autoritär“ auf Kinder und Erziehende auswirken.

Gerade jetzt und angesichts der Pandemiebedingungen stellt sich vermehrt die Frage, wie personale Begegnung gelingen kann und wofür es gut ist, sie zu ermöglichen.

Das Institut SELBST.WERT.SINN hat sich der Existenziellen Pädagogik verschrieben und arbeitet von Vorarlberg aus. Der Link führt Sie zur Homepage bzw. zum Info-Folder.

Die folgenden Beiträge wurden hepi zur Verfügung gestellt und bieten weitere und vertiefte Einblicke.